Ja, ich habe mich angesteckt, bin infiziert von einer heimtückischen, aber wohl harmlosen Krankheit. Der Nordlandvirus hat mich erwischt! Die Aussichten, Therapiemöglichkeiten? Ich habe mit anderen darüber gesprochen, Reisenden, oben in der Arktis in Norwegen und in Island. Leidensgenossen, die bereits seit vielen Jahren mit dem Virus leben.
Festzustellen, dass man nicht allein damit leben muss, ist erst einmal schon sehr beruhigend. Sie sagten mir, das werde ich nie wieder los, damit müsse ich leben. „Arrangiere Dich einfach damit!“ Diesem Rat werde ich folgen und freue mich darauf…
Reisen in den Norden haben mich schon immer ganz besonders fasziniert. Ich war schon immer tief beeindruckt von den atemberaubenden Landschaften nördlich des Polarkreises. Von den endlosen Weiten und der dort vorherrschenden Stille. Von dem Gefühl, sich ganz klein, unbedeutend und eins mit der Natur im Angesicht der grandiosen arktischen Landschaften zu fühlen.
Begeistert von den wie mit einem Pinsel auf Leinwand gehauchten Pastellfarben am Himmel der kurzen Tage im winterlichen Lappland. Sprachlos bei dem Anblick von Eisbären auf ihren unendlichen Wanderungen über das Packeis um Svalbard. Überwältigt von den Naturgewalten auf Island. Bewegt bei dem Anblick einer Bärenmutter mit ihren Jungen im finnisch-russischen Grenzgebiet.
Dass der Norden unweigerlich zu meinem Leben gehört, ist mir eigentlich erst richtig bewusst geworden, als ich nach einer sehr turbulenten und nervenaufreibenden Zeit in meinem Job als Personalreferent mal ein paar Tage mit meiner Partnerin ausspannen wollte. Einfach eine entspannte Weihnachtszeit verleben.
Meine Partnerin setzte die Auswahlkriterien fest: Ein ruhiger Ort sollte es sein, keine Hektik, irgendwo, wo auch endlich mal Schnee liegt, eine schöne Unterkunft mit Kamin, Wellnessbereich und Poollandschaft. Ich nahm mich also der Sache an und durchstöberte das Internet nach Zielen, die besagte Kriterien erfüllten.
Ich wurde auch sehr schnell fündig: Alles Orte, die die Vorgaben erfüllten. Kitzbühl, Garmisch-Partenkirchen, St. Moritz und… und ganz oben auf den Stapel von Ausdrucken legte ich das, wie ich fand, perfekte Angebot – eine Hütte im finnischen Lappland.
Das Angebot war doch genau das, was sich meine Partnerin vorstellte: Ein bisschen Schnee, eine Rauchsauna, die garantiert als Wellnessbereich durchgeht, mit dazugehörigem Eisloch. Ein Eisloch ist ja auch irgendwie ein Pool. Vorsichtshalber druckte ich das Lapplandangebot natürlich noch in Farbe aus und die anderen Angebote nur in Schriftgröße sechs – Präsentation ist eben alles.
Siegessicher präsentierte ich das Ergebnis meiner Recherche und man hörte meine bessere Hälfte sagen: „Hmm, Lappland, das klingt ja mal interessant.“ Na bitte, perfekt, jetzt heißt es, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen, also Laptop raus und fünf Minuten später war die Reise auch schon gebucht.
Das Motto war ja entspannen, der Hektik des Alltags entfliehen. Ich packte also eine halbe Bibliothek Bücher in meinen Koffer. Und die Kamera? Mitnehmen oder hier lassen? Dort oben gibt es ja sowie nicht viel zu sehen, dachte ich zu diesem Zeitpunkt noch.
Ich entschied mich dann doch für’s Mitnehmen, besser ist das, sagte ich mir. Könnte ja auch sein, dass ein Einbrecher während unserer Abwesenheit meine schöne Canon entwendet, da ist sie doch bei mir im Rucksack viel besser aufgehoben.
Das Stativ? Brauche ich nicht… oder? Was ist mit Polarlichtern? Was ist, wenn der grünliche Schleiertanz am Polarhimmel beginnt und ich ohne Stativ dastehe? Entsetzlicher Gedanke! Also Bücher wieder raus, Stativ in den Koffer und ab in Richtung Finnland.
Dort oben angekommen, war alles perfekt: Die Hütten sehr schön eingerichtet mit Sauna und Kaminofen, wirklich empfehlenswert. Das Wetter ließ allerdings zu wünschen übrig, jede Menge Schneefall, keine Sicht. Auch hatten wir zugegebenermaßen nicht wirklich mit einer Außentemperatur von -38°C gerechnet.
Den ganzen Tag nur in der Hütte, das geht natürlich auch nicht. Wir unternahmen also unsere erste Schneeschuhwanderung. Nach gut zwei Stunden hatten wir irgendwie unsere eigene Spur im Tiefschnee verloren. Wie das passieren kann? Weiß ich nicht, aber es kann. Kein Problem, sagte ich, GPS! Und holte mein Smartphone aus der Jackentasche. Dass es bei -38°C nur für ein kurzes Aufblitzen meines vollgeladenen Hightech-Kommunikationsgerätes aus Kalifornien reichte, war schon etwas enttäuschend.
Jetzt hieß es, Souveränität zu zeigen! Schließlich hatte ich jede Menge Nordlanderfahrung, beruhigte ich meine Begleitung. Nach einer kurzen – ich betone: ganz kurzen – Phase des Selbstzweifels habe ich dann auch glücklicherweise unsere Spur wiedergefunden.
Genau an der Stelle, an der ich auf unsere Spur gestoßen bin, sah ich vor uns ein wunderschönes Landschaftsbild mit einem Bach, der sich durch den Tiefschnee schlängelte. Leider waren die Wetterbedingungen alles andere als für ein Foto geeignet. Ich den Moment wusste ich, dass ich dieses Foto haben musste und die Stelle bei besserem Wetter aufsuchen möchte.
Das Wetter wurde in den darauffolgenden Tagen großartig und ich hatte nur das eine Ziel: Ich musste diese Stelle wiederfinden und auf einer Speicherkarte festhalten. Dies war aber leider einfacher gesagt als getan.
Unsere Wanderungen durch den Tiefschnee in den Tundralandschaften bei bis zu -40°C wurden immer länger und anstrengender. Nachts ging ich bei schwachem Polarlicht allein auf die Suche nach diesem kleinen Bach. Nachts bei Vollmond in absoluter Stille und bei hohen Minusgraden allein in der Wildnis zu stehen, ist ein unbeschreibliches Gefühl, auch wenn mir manchmal etwas mulmig wurde.
Am vierten Tag der Suche fanden wir dann endlich diesen Bach wieder. Bei der Überquerung des Bachlaufs bin ich dann vor lauter Aufregung in das Eiswasser gerutscht, konnte aber glücklicherweise
mit einer reflexartigen Bewegung den Fotorucksack retten.
Ich nahm mir viel Zeit für mein langersehntes Foto, die Kälte habe ich nicht mehr gespürt. Dieses Foto zählt auch heute noch zu meinen Lieblingsbildern. Vielleicht auch deshalb, weil ich weiß, wie viel Anstrengungen es mich gekostet hat, um es zu bekommen.
Die Eindrücke dieser Reise waren für uns beide trotz der körperlichen Anstrengungen unbeschreiblich. War das Wellness? Laut Lexikon steht Wellness für Methoden, die das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden steigern. Also, für uns war es eindeutig ein Wellnessurlaub.
Am Ende lässt sich sagen: Ja, ich habe den Nordlandvirus und das ist gut so. Er wird mich auch mein ganzes Leben lang begleiten. Heilung ausgeschlossen. Und noch etwas ist mit klar geworden: Der Nordlandvirus ist hochgradig ansteckend, denn meine Partnerin hat zumindest einen akuten Nordlandinfekt.
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